Aus dem Bengalischen übersetzt von Barbara DasGupta
Mahasweta Devi
(1926 -2016)
war eine indische Schriftstellerin. Ihre Werke, die sich häufig mit sozial benachteiligten Bevölkerungsgruppen in Indien beschäftigen, wurden in zahlreiche Sprachen übersetzt und mit mehreren Preisen ausgezeichnet. Sie galt als die bedeutendste in bengalischer Sprache schreibende zeitgenössische Autorin.
Sie erlangte den Master of Arts in Anglistik an der University of Calcutta. Nach ihrem Abschluss arbeitete sie als Journalistin und Lehrerin. Ihr erstes Buch Jhansir Rani, ein historischer Roman über den Widerstand gegen die Kolonialmacht im 19. Jahrhundert, erschien 1956. 1964 nahm sie einen Lehrauftrag am Bijaygar Jyotish Roy College an, den sie über 20 Jahre ausübte.
2013, 98 Seiten, 9,80 Euro, ISBN 978-3-937603-79-7
Ab 1982 ließ sie sich von ihrer Stelle als Anglistikdozentin beurlauben, um längere Zeit auf den Dörfern herumzureisen und Material für ihre Erzählungen zu sammeln. Von 1982 bis 1984 war sie Mitarbeiterin der Zeitung Yugantar (dt. „Neue Epoche“).
Zeit ihres Lebens war Devi politisch stark engagiert und setzte sich für benachteiligte Minderheiten in Indien ein. Sie ist mit zahlreichen Organisationen verbunden, darunter Pashchim Banga Kheriya Shabar Kalyan Samiti (dt. „Westbengalen-Kheriya-Shabert-Wohlfahrtsorganisation“) und die Denotified and nomadic Tribes Right Action Group.
Devi schrieb überwiegend Kurzgeschichten und Romane, daneben aber auch Essays, Dramen und Kinderbücher. Ihr umfangreiches Werk umfasst über hundert Veröffentlichungen und ist fast ausschließlich in bengalischer Sprache verfasst. Die Themen sind häufig politischer Natur. Zu Anfang ihrer Laufbahn beschäftigte sie sich intensiv mit der indischen Kolonialgeschichte, später wechselte der Schwerpunkt zur indigenen Bevölkerung Indiens, etwa den Adivasi, die außerhalb des Kastensystems stehen und sozial stark benachteiligt sind. Devis Prosa handelt häufig von einfachen und ungebildeten Menschen und ist berühmt für drastische und schonungslose Schilderungen. Sie platzierte ihre Figuren in einem bestimmten historischen und sozioökonomischen Kontext, wodurch ihre Schicksale stellvertretend für das Schicksal der Angehörigen ihrer jeweiligen Gruppe gelesen werden können. Ferner belebte sie alte Mythen mit neuem Kontext wieder beziehungsweise kreiert neue Mythen, indem sie den „oralen Traditionen“ folgte. Bei der Beschreibung höherer Gesellschaftsschichten bediente sie sich häufig satirischer Mittel. Ihre Werke stehen in dem Ruf, sehr genau recherchiert zu sein, obwohl sie sich bei historischen Romanen den mündlichen Überlieferungen der indigenen Bevölkerung bediente.
Seit den fünfziger Jahren betätigte sie sich auch als investigative Journalistin. Darüber hinaus war sie Herausgeberin einer Zeitschrift. Für Devi waren Literatur und politisches Engagement untrennbar miteinander verbunden. Regelmäßig nahm sie auch in ihrer Literatur einen moralisierenden Standpunkt ein, wofür sie von Rezensenten teilweise kritisiert wurde. Ihre literarische Texte gelten als schwierig zu übersetzen, da sie viele lokale Dialekte des Bengalischen beinhalten, für deren Feinheiten in anderen Sprachen Entsprechungen gefunden werden müssen.
Seit Ende der 1990er Jahre stand ihre soziale und politische Arbeit im Vordergrund. Als Schriftstellerin widmete sie sich seitdem überwiegend der Veröffentlichung von autobiographischen Essays über ihre Kindheitserinnerungen in Dhaka und ihre Jugend in Shantiniketan.
Im Jahr 2006 hielt Devi eine vielbeachtete Rede zur Eröffnung der Frankfurter Buchmesse, auf der Indien Gastland war. Sie erhielt zahlreiche Auszeichnungen, deren Preisgelder sie sozialen Zwecken spendete. Mahasweta Devi lebte zuletzt in Kolkata.
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