Jose Punnamparambil (Hg.)

Nachtregen

Gegenwartslyrik aus Indien

Übersetzt von Asok Punnamparambil

In der indischen Literatur, insbesondere in

der Lyrik, erleben wir eine Periode der „blühenden Hinterhöfe“

(U. R. Anantha Murthy).

 

In den Gedichten spiegeln sich die demokratischen Aspirationen der unterdrückten Teile der indischen Bevölkerung wider.

 

Wir erleben einen kollektiven Schritt hin

zu mehr Demokratie.

 

Die vorliegende Anthologie enthält Übersetzungen von 53 Gedichten, verfasst

von 34 indischen Autorinnen und Autoren und ursprünglich in 14 verschiedenen indischen Sprachen geschrieben.

2010, 140 Seiten, 12,80 Euro, ISBN 978-3-937603-41-4


Sugatha Kumari

 

Nachtregen

 

Nachtregen, wie eine junge Verrückte bist du,

weinend, lachend, wimmernd,

grundlos

murmelnd ohne Pause.

Und zusammengekauert sitzend

das lange Haar schüttelnd.

 

Nachtregen,

versonnene Tochter des dämmernden Dunkelns,

gemächlich gleitest wie eine lange Klage

in diese Klinik,

streckst kalte Fingerspitzen

durch das Fenster

und berührst mich.

 

Nachtregen,

wenn Ächzen und Schaudern

und scharfe Stimmen

und der plötzliche peinvolle Schrei einer Mutter

mich erschüttern und meine Hand meine Ohren zuhält,

ich schluchze und mich auf meinem Krankenlager wälze,

kommst du, wie ein Freund

durch die Dunkelheit mit tröstenden Worten.

Jemand sagte,

den kranken Teil kannst du wegschneiden und entfernen.

Doch was tun mit dem armen Herzen,

das noch kränker ist?

 

Nachtregen,

Zeuge meiner Liebe,

der mich in Schlaf sang,

in jenen verheißenden Nächten vor langer Zeit,

der mir mehr Freude gab als das weiße Mondlicht,

das mich vor Glück beben ließ

und lachen.

 

Nachtregen,

Zeuge nun meines Kummers,

wenn auf dem brütenden Krankenbett,

in den schlaflosen Stunden der Nacht

ich einsam vor Schmerz mich wälze,

sogar das Weinen vergesse,

und zu Stein gefriere.

 

Lass mich dir sagen,

Nachtregen,

ich kenne deine Weisen, froh und traurig,

dein Mitleid und deine verstohlene Wut,

dein nächtliches Kommen,

dein Schluchzen und Weinen in der Einsamkeit;

und wenn es dann graut,

wie du über dein Antlitz streichst und dir ein Lächeln abringst,

wie du dich beeilst und in eine Rolle schlüpfst:

Woher ich das alles weiß?

Mein Freund, auch ich bin wie du,

wie du regne ich nachts.


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