Übersetzt von Anne Breubeck
Omair Ahmad,
geb, 1974 in Aligarh, ist ein indischer Politikberater, Journalist und Schriftsteller.
Omair Ahmads erster Roman, Encounters, wurde 2007 veröffentlicht. Gegenstand des Romans ist die Radikalisierung der Mittelschichtsjugend.
Sein zweites Werk, The Storyteller’s Tale, erschien 2009 und wurde in Indien und dann auch international ein Erfolg. Es entstand in Anlehnung an die mündliche Erzähltradition Indiens. 2011 erschien die deutsche Übersetzung von Anne Breubeck unter dem Titel Der Geschichtenerzähler.
2010 erschien der Roman Jimmy the Terrorist. Dieser beschreibt rückblickend die Lebensgeschichte und Radikalisierung eines jungen Muslims in der fiktiven nordindischen Kleinstadt Moazzamabad in den 1960er Jahren. Jamaal, der sich im Laufe des Romans zu Jimmy entwickelt, erfährt Provokationen und Demütigungen durch Hindus in seiner Umgebung. Eines Tages verliert er die Beherrschung und begeht eine Gewalttat. Die Stadt wird daraufhin vom Medieninteresse überwältigt.
2012, 200 Seiten, 16,00 Euro, ISBN 978-3-937603-68-1
Einer am Rande
Seit dem 11. September 2001 haben sich Schriftsteller unterschiedlichster Herkunft mit dem Profil «des» Terroristen befasst. John Updike, Don DeLillo, Yasmina Khadra wären zu nennen, der Inder Kiran Nagarkar und nun auch dessen jüngerer Landsmann, der 1974 in Aligarh geborene Omair Ahmad.
Allerdings scheint dessen schmaler, jetzt auch in deutscher Übersetzung vorliegender Roman «Jimmy der Terrorist» das Reizwort lediglich als ebensolches im Titel zu führen; denn weder die Tat selbst noch der Täter entsprechen dem Profil – ideologische Motivation, auf lange Hand vorbereitete und meist auf hohe Opferzahlen zielende Anschläge –, das man mit terroristischen Akten zu verbinden pflegt. Ahmad erzählt vielmehr die Geschichte eines jungen Muslims, der in einer von zunehmenden nationalistischen Umtrieben vergifteten nordindischen Kleinstadt aufwächst und am Ende einen Hindu-Polizeiinspektor mit dem Messer attackiert.
Was seine Darstellung auszeichnet, ist die Tatsache, dass die Konfrontationen zwischen Hindu-Nationalisten und einer zunehmend geduckten und verängstigten muslimischen Minderheit das Psychogramm des Protagonisten Jamaal erst sekundär formen; vorgelagert sind die sozialen Demütigungen, die Jamaals Vater im eigenen, muslimischen Milieu erlebt und die der Knabe selbst dann unter privilegierteren Gefährten in der englischsprachigen Schule erfährt. Nicht immer ganz schlüssig, aber doch differenziert zeichnet Ahmad die wachsende Verstörung des sensiblen, durch seine soziale und kulturelle Herkunft doppelt marginalisierten jungen Mannes nach, dem angesichts des gesellschaftlichen Gewaltpotenzials – das in Indien durchaus Realität ist – am Ende nur die Wahl zwischen lebenslangem Kuschen und rohem Zurückschlagen bleibt.
as., Neue Zürcher Zeitung, 2.4.2013
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