Der Erste Weltkrieg, die „Urkatastrophe des 20. Jahrhunderts”, forderte rund 17 Millionen Menschenleben in vielen Teilen der Welt, darunter, wie oft vergessen wird, auch viele Nichteuropäer. Gleichzeitig schuf der
„Große Krieg“ neue Begegnungs- und Erfahrungsräume für die Beteiligten. So gelangten während des Krieges zehntausende Südasiaten aus bäuerlichen und nicht privilegierten Bevölkerungsschichten nach Europa. Viele von ihnen kämpften auf Kriegsschauplätzen in Frankreich und Mesopotamien. Etwa zweitausend von ihnen, zumeist Seeleute und Soldaten aus Dörfern in Bengalen, Nepal, der Nordwest-Grenzprovinz Indiens und dem Punjab, gerieten auf verschiedenen Wegen in deutsche Kriegsgefangenschaft und wurden hier für Jahre
festgehalten.
Wie Gefangene aus anderen außereuropäischen Regionen, erregten auch die Südasiaten die Aufmerksamkeit von Armeeoffizieren, Diplomaten und Geheimagenten, aber auch von deutschen Künstlern, Wissenschaftlern und Industriellen. Außerdem betrieben indische Revolutionäre im Exil in Zusammenarbeit mit dem deutschen Auswärtigen Amt antikoloniale und nationalistische Propaganda unter den Gefangenen. Die Kriegsgefangenen versuchten ihrerseits Wege zu finden, um die neue Situation zu bewältigen und ihre Begegnungen mit Deutschland und den beteiligten Akteuren in eigenem Sinne zu gestalten.
Die Beiträge zu diesem Band gehen diesen vielschichtigen und oft schwierigen Auseinandersetzungen aus unterschiedlichen Perspektiven nach. Darüber hinaus werden relevante Quellen aus deutschen Archiven vorgestellt, die die Situation der indischen Kriegsgefangenen während des Ersten Weltkrieges beleuchten.
2014, 342 Seiten mit 27 Abbildungen, 24,80 Euro,
ISBN 978-3-937603-84-1
Beiträge:
Ravi Ahuja: Vergessene Konfrontationen. Südasiatische Soldaten in deutscher Kriegsgefangenschaft, 1915- 1918. Franziska Roy: Zwischen Zwangsarbeit und ‘Kollaboration’. Südasiatische Zivilgefangene in deutschen Kriegsgefangenenlagern. Heike Liebau: Das Deutsche Auswärtige Amt. Indische Emigranten und propagandistische Bestrebungen unter den südasiatischen Kriegsgefangenen im „Halbmondlager“. Christian Koller: Deutsche Wahrnehmungen feindlicher Kolonialtruppen. Britta Lange: „Wenn der Krieg zu Ende ist, werden viele Erzählungen gedruckt werden.” Südasiatische Positionen und europäische Forschungen im „Halbmondlager“. Jürgen-K. Mahrenholz: Südasiatische Sprach- und Musikaufnahmen im Lautarchiv der Humboldt-Universität zu Berlin. Margot Kahleyss: Indische Kriegsgefangene im 1. Weltkrieg – Fotografien als Quellenmaterial. Heike Liebau: Hindostan. Eine Zeitung für südasiatische Kriegsgefangene in Deutschland 1915-1918.
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